Was ist Physiotherapie?

Die Physiotherapie ist ein relativ junger Teilbereich der modernen Medizin, der sich vor gut hundert Jahren etabliert hat. In Österreich wurde die erste Schule für PhysiotherapeutInnen 1916 ins Leben gerufen.
Im Mittelpunkt der Physiotherapie stehen die Entwicklung und Funktion des Bewegungssystems, sowie das Wechselspiel der Bereiche Sensorik und Motorik. Sie schließt somit alle Teile und Funktionen des menschlichen Organismus mit ein, die in Zusammenhang mit dem Bewegungsapparat stehen, wie z.B. Muskulatur, Gelenke, Nervensystem, Herz-Kreislaufsystem aber auch die Psyche.
Waren PhysiotherapeutInnen ursprünglich vor allem im Bereich der Rehabilitation tätig, so dehnte sich ihr Wirkungsbereich im Laufe der Jahre auf praktisch alle medizinischen Bereiche aus - von der Geburtshilfe und Pädiatrie über die Orthopädie, Traumatologie, Chirurgie, Psychiatrie und Inneren Medizin bis zur Sportmedizin, der Onkologie und Palliativ-Medizin, der Geriatrie und der Arbeitsmedizin.
Darüber hinaus arbeiten die PhysiotherapeutInnen in den Bereichen der Prävention und der Gesundheitserziehung. In interdisziplinären Behandlungsprogrammen und Forschungsprojekten ist die Mitwirkung von PhysiotherapeutInnen von großer Bedeutung.
In Österreich sind derzeit rund 3.000 PhysiotherapeutInnen in Krankenanstalten und Rehabilitationszentren beschäftigt.
Dazu kommen rund 1.600 Praxen freiberuflicher PhysiotherapeutInnen.
Durch die markante Zunahme von Schädigungen und Störungen des Bewegungsapparates - sie sind mittlerweile zur Volkskrankheit Nummer Eins und Ursache für die meisten Krankenstandstage avanciert - und die tendenzielle Verschiebung der Altersstruktur nach oben steigt die Bedeutung der Physiotherapie weiter an.
In diesem Zusammenhang gewinnt auch die Vorsorge in der Physiotherapie rasant an Bedeutung. Das Spektrum reicht dabei von ergonomischer Gestaltung von Arbeits- und Schulplätzen über Haltungs- und Bewegungsprogramme bis zu Atem- und Entspannungstechniken.
Quelle: Presseinformation Physio Austria - Wien, September 2009

Das Berufsbild der PhysiotherapeutInnen

Physiotherapie beinhaltet einerseits die Vermeidung von Funktionsstörungen des Bewegungssystems, die Erhaltung und Wiederherstellung der natürlichen Bewegungsabläufe und andererseits die Symptomverbesserung, -kontrolle und -begleitung, um der Patientin/ dem Patienten eine optimale individuelle Bewegungs- und Schmerzfreiheit, Selbständigkeit bzw. Lebensqualität zu ermöglichen.
Der Beruf der Physiotherapeutin/ des Physiotherapeuten umfasst die Planung, Gestaltung und Durchführung des physiotherapeutischen Prozesses.
Fachkompetenz zu besitzen bedeutet für die Physiotherapeutin/ den Physiotherapeuten diesen Prozess zu beherrschen; das heißt, über das diagnostische und therapeutische "Handwerkszeug" zu verfügen. Es bedeutet aber auch soziale Kompetenz zu haben, um mit der individuellen Persönlichkeit eines Menschen umgehen zu können.
Fachkompetenz bedeutet auch pädagogische Fähigkeiten im methodischen Vorgehen bei der Behandlung zu haben. In vielen Arbeitssequenzen ist der/ die PhysiotherapeutIn ein/e "LehrerIn" für die/den PatientIn, weil sie u.a. die Therapieschritte plant und erklärt, die PatientInnen motiviert, berät, instruiert und sie auf dem Weg in die Selbständigkeit begleitet.
Physiotherapie wird als Therapie und Rehabilitation von ÄrztInnen verordnet und von PhysiotherapeutInnen eigenverantwortlich durchgeführt. Sie wird in Krankenanstalten, Rehabilitationszentren und privaten Praxen angeboten. Im Rahmen der Vorsorgemedizin umfasst die Physiotherapie die Gesundheitsberatung und -erziehung, sowie vorbeugende Maßnahmen.

PhysiotherapeutInnen arbeiten mit verschiedensten bewegungstherapeutischen Behandlungskonzepten und -techniken. Ergänzt werden diese durch Massagen und physikalische Zusatzmaßnahmen wie Thermotherapie, Elektrotherapie, Hydrotherapie u.a.m. Weitere Informationen bietet der Fachfolder von Physio Austria "Was ist Physiotherapie?" für PatientInnen und PhysiotherapeutInnen.
Link zum Folder: www.physioaustria.at/

Geschichte der Physiotherapie

Der Ursprung vieler physiotherapeutischer Verfahren liegt großteils weit zurück. Archäologische Funde zeigen, dass Thermal- und Mineralquellen bereits in frühgeschichtlicher Zeit genutzt wurden. Verschiedene Formen der Massage und von medizinischen Bädern kannte man bereits vor circa 4000 Jahren in China.

Erst Hippokrates vertrat verschiedene medizinische Auffassungen, die sich heutzutage in der Physiotherapie wiederfinden. Er verstand den lebendigen Leib als Organismus, Gesundheit als Gleichgewicht und Krankheit als gestörten physischen und psychischen Gesamtzustand. Seine Überzeugung war, dass die Natur eine Heilkraft besitzt.

Im 18. Jahrhundert fanden erste Medikamente zwar Anklang, brachten allerdings auch Gefahren mit sich. Mancher Arzt propagierte die Anwendung von Mineralwässern, Heilbädern und der Hydrotherapie. Dies setzte sich im 18. Jahrhundert weiter fort, die Beliebtheit der Hydrotherapie stieg an.

Vor allem in Deutschland erlebte die Hydrotherapie einen wahren Boom: Der Urvater der Hydrotherapie, Sebastian Kneipp, entwickelte eine einfache Lebensregelung, kombinierte sie mit der Anwendung pflanzlicher Medikamente und einer Gesundheitserziehung.

Ausbildung

Die Ausbildung zum akademischen Beruf "PhysiotherapeutIn"
Die EU-konforme Ausbildung zur Physiotherapeutin/ zum Physiotherapeuten ist in Österreich gesetzlich geregelt. Seit Herbst 2006 werden PhysiotherapeutInnen entsprechend der jüngsten Ausbildungsverordnung vom Dezember 2005 an Fachhochschulen ausgebildet. Die Physiotherapie ist damit ein akademischer Gesundheitsberuf.

Der Qualifikation von PhysiotherapeutInnen liegt ein sechs-semestriges Studium zu Grunde. Voraussetzungen für die Zulassung zum Fachhochschulstudium für Physiotherapie sind die Matura oder eine gleichgehaltene Qualifikation (z.B. Studienberechtigungsprüfung), sowie eine praktische & schriftliche Aufnahmeprüfung.

Das Studium setzt sich aus theoretischen und praktischen Lehrveranstaltungen an der Fachhochschule und diversen Praktika, im Rahmen derer die Studierenden unter Supervision von PhysiotherapeutInnen direkt mit den PatientInnen arbeiten, zusammen.

Die theoretische Ausbildung umfasst:
- Therapeutische Grundlagen (Bewegungslehre, Biomechanik, Bewegungswissenschaften etc.)
- Vorklinische Grundlagen (Anatomie, Physiologie, Pathologie, etc.)
- Klinische Grundlagen (Orthopädie, Neurologie, etc.)
- Physiotherapeutische Verfahren der Untersuchung, Diagnostik, Therapie und Evaluation
- Physiotherapie in Prävention, Therapie und Rehabilitation
- Wissenschaft und Forschung in der Physiotherapie
- Human- und sozialwissenschaftliche Grundlagen
- Strukturen und Einrichtungen des Gesundheitswesens

Die praktische Ausbildung erfolgt in allen relevanten medizinischen und präventiven Bereichen und umfasst rund 1250 Stunden.

Die Studierenden verfassen während des Studiums zwei Bachelorarbeiten und schließen das Studium mit einer Bachelor-Prüfung ab. Die AbsolventInnen sind berechtigt, den akademischen Titel Bachelor of Science (BSc) zu tragen.

In Folge der Umstellung der Physiotherapie-Ausbildung auf Fachhochschul-Studiengänge etablieren sich auch zunehmend postgraduale Masterstudien für PhysiotherapeutInnen.

In Österreich werden derzeit folgende Master-Lehrgänge für PhysiotherapeutInnen in Kooperation mit Physio Asutria angeboten:

- MSc „Musculoskeletal Physiotherapy“ (in Kooperation mit der Donau-Universität Krems)
- MSc „Sportphysiotherapie“ (in Kooperation mit der Universität Wien)
- MSc „Kardiorespiratorische Physiotherapie“ (in Kooperation mit der MedUni Graz)
- MSc „Master in Physiotherapie“ (in Kooperation mit der FH Campus Wien)

Quelle: Physio Austria - Wien, September 2009

Link Folder Physio Austria

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